Nach mehr als einem Jahr in Botswana besitzen wir 2 buschtaugliche Autos und eine vollständige Campingausrüstung und wollen uns in einen „richtigen“ Park trauen. Unser Ziel ist: Das Moremi Game Reserve im Okavango Delta! Unsere Kollegin Anja schließt sich uns an und so fahren wir los, mit fünf Personen und 3 Autos. Wir sind: Mein Mann Ralf und ich, unser 18jähriger Sohn Fabian, unsere 8jährige Tochter Tujeni und Anja, die kurze Zeit nach uns als Entwicklungshelferin in Botswana eingereist ist. Als Familie einerseits und andererseits einer Frau, die allein lebt und ihre Freiräume gewohnt ist, bilden wir eine etwas ungewöhnliche Reisegruppe, aber es funktioniert gut und es entwickelt sich in den nächsten Tagen bald eine gemeinsame Routine.
Unsere Reise beginnt mit Hindernissen. Schon nach 150 km kommt sie zu einem jähen Ende. Der Motor von Anjas „Grashopper“ qualmt und stellt die Tätigkeit ein. Und das, obwohl er vor Antritt der Reise sorgfältig gewartet wurde! Wir schleppen Anja in den nächsten Ort, nach Mahalapye, in eine Werkstatt. Ein Keilriemen ist gerissen und der Kolben ist verschmort. Über den Nachmittag kommt die Reparatur nicht voran, langsam wird es dunkel und wir brauchen einen Platz zum Schlafen. Nachdem unsere Suche nach einem Campingplatz erfolglos war, fragen wir eine Botswanerin, ob wir auf ihrem Grundstück campen dürfen. Sie willigt ein, lässt die Tür ihres Hauses für uns offen, damit wir ihre Toilette benutzen können. Wir machen uns ein Lagerfeuer, grillen unser Abendessen und sitzen noch etwas zusammen.
Die Nacht wird unruhig, die Hähne in Mahalapye beginnen in der dunkelsten Nacht zu krähen und die Hunde der Umgebung bellen die ganze Nacht hindurch. Unsere Gastgeberin ist über die einhundert Pula, die ich ihr als Dank für ihre Gastfreundschaft am nächsten Morgen in die Hand drücke, mehr als entzückt! Die Reparatur des Grashoppers zieht sich. Zum Glück strandet eine deutsch-botswanische Familie mit 3 Kindern ebenfalls an der Werkstatt und so haben wir ein wenig Abwechslung und Gesellschaft beim Warten. Anja schlägt vor, dass wir allein weiterfahren sollen, aber das wollen wir nicht. Entweder fahren wir zusammen weiter oder gar nicht. Um 22 Uhr ist das Auto endlich fertig, nachdem es durch die halbe Stadt angeschleppt wurde, bevor es anspringt. All unsere Buchungen sind natürlich längst verfallen. Um Mitternacht kommen wir im Khama Rhino Sanctuary bei Serowe an. Ein Nachtwächter lässt uns herein und es gibt sogar noch freie Chalets! Nach Zeltaufbauen steht uns der Sinn jetzt nicht mehr. Wir fallen todmüde in die Betten.
Am Boteti River
Am nächsten Tag müssen wir nun bis nach Maun durchfahren. Rechts und links wirbeln Sandhosen durch die trockene Kalahari. Am Boteti River, kurz vor dem Abzweig nach Maun, legen wir einen kurzen Stopp ein. Der Boteti River war 30 lange Jahre ausgetrocknet und nun fließt er zum ersten Mal wieder! Das müssen wir uns natürlich anschauen. Am Eingang zum Makgadikgadi National Park, in den man hier 30 Jahre lang durch ein trockenes Flussbett einfahren konnte, fließt nun wieder ein Fluss. In den folgenden Jahren wird hier periodisch eine Fähre (ein Schwimmponton) eingesetzt werden. Zur Zeit unseres Besuchs weiden nur ein paar Kühe aus der nahegelegenen Ortschaft dort.
Wir verbringen die Nacht in Maun, im sehr gemütlichen Old Bridge Backpackers am Thamakalane River. Dort stehen Sofas im Freien und überdacht, es gibt Hängematten und einen großen Billardtisch, den Fabian und Anja in dieser Nacht besonders anziehend finden. In diesem Jahr führen der Okavango und seine Nebenflüsse so viel Wasser, dass die Zufahrtsstraße zum Backpacker rechts und links mit Deichen befestigt werden musste. Mit der untergehenden Sonne veranstalten die Frösche ringsum ein ohrenbetäubendes Konzert. Ich bin begeistert, so etwas höre ich zum ersten Mal. Im Lauf des Abends werden die Frösche ruhiger, um dann in der Nacht ganz zu verstummen…..
Frühstück im Old Bridge Backpackers und Besorgungen in Maun
Nach dem Frühstück kaufen wir für unseren Trip ein, betanken die Autos und die Kanister und besorgen das Permit für Moremi im Büro der Nationalparkverwaltung. Diese Praxis wechselt immer mal wieder. Um Korruption zu bekämpfen, wird den Angestellten der Einlassbereiche in die Parks untersagt, die Eintrittsgelder selbst zu erheben und es gibt die Maßgabe, die Erlaubnis für die Parks in den nahegelegenen Städten in den Büros der staatlichen Parkverwaltung erwerben zu müssen. Dies ist natürlich recht unpraktisch, und ich frage mich, ob eine größere Touristengruppe wirklich vom Eingangsgate aus zurück in den nächsten Ort geschickt werden würde, um dort ihre Eintrittserlaubnis in den Park zu erwerben? Aber wir wollen es natürlich nicht darauf anlegen und da wir ja sowieso in Maun sind, um uns für den Trip auszurüsten, besorgen wir die Papiere gleich mit. Gegen Mittag sind wir in Richtung Moremi unterwegs.
Der Weg ins Okavango Delta - Fahren auf Gravel, im Sand und unsere ersten Wasserdurchquerungen!
Die ersten 50 km sind geteert. Nachdem man den Ort Shorobe passiert hat, beginnt eine Wellblechpiste, die man am besten im 4x4 Modus fährt, die Autos haben dann mehr Bodenhaftung und liegen sicherer auf der Straße. Das Wellblech kann man gut mit einer höheren Geschwindigkeit so zwischen 50 – 70 km/h fahren, dann spürt man die Schläge nicht ganz so sehr. Sorgfältig nach Schlaglöchern Ausschau halten! Und falls man Schlaglöcher sieht, rechtzeitig bremsen oder drumherum fahren! Das braucht ein wenig Übung, man lernt es aber schnell. Fährt man allerdings dauerhaft langsamer auf einer Wellblechpiste, rattert und knallt es stärker…. Nach ungefähr 20 km Wellblechpiste erreicht man den Büffelzaun, der die Nutztiere vor Krankheiten der Wildtiere schützen soll. Nach dem Büffelzaun beginnen die sandigen Wege, die sich durch das ganze Moremi Game Reserve ziehen. Mir macht das Fahren im Sand viel Freude. Am besten lässt man dem Lenkrad Spiel in den Händen, so dass sich die Räder selbst den Weg durch den Sand suchen. Die richtige Geschwindigkeit je nach Untergrund ist nicht unwichtig. Und wenn man sich vollends festgefahren hat, kann man das Differenzial blockieren, damit sich alle Räder gleichzeitig drehen und man sich so wieder frei wühlen kann. Wenn das auch nicht hilft, gibt es noch die Option, Sandmatten oder Bretter unterzulegen oder sich freizuschaufeln. Wir kommen jetzt mit 20 – 30 km pro Stunde voran.
Nach 30 weiteren Kilometern erreichen wir das Southgate, den südlichen Eingangsbereich zum Moremi Game Reserve. Unser Ziel für die Nacht ist der Campingplatz an der Third Bridge. Für die 50 Kilometer bis zur Third Bridge brauchen wir weitere zweieinhalb Stunden. Unterwegs sehen wir Elefanten, Impalas und Giraffen. Um zur „Third Bridge“ zu gelangen, muss man zunächst die „First Bridge“ und die „Second Bridge“ überqueren. Diese Positionen sind Wasserüberläufe des Okavango Deltas, die mit Hilfe von Baumstämmen verstärkt wurden. Nicht destotrotz handelt es sich meist um Wasserdurchquerungen, man sieht den Untergrund nicht immer und weiß also nicht, wie tief das Wasser ist. Da wir das alle noch nie vorher gemacht haben, finden wir es durchaus spannend. In diesem Jahr stehen die Baumstämme auch teilweise kreuz und quer in den Durchquerungen und wir sind alle froh, nachdem wir die beiden „Brücken“ ohne Zwischenfälle geschafft haben. Die Sonne steht schon tief, als wir im Camp ankommen und uns anmelden. Elefantenkühe mit ihren Kälbern wandern durchs Camp und strahlen eine große Ruhe aus. Die Elefanten scheinen die Menschen, die im Camp unterwegs sind, nicht weiter zu beachten.
Third Bridge, Campsite No. 10
Im Mai hatte ich den Campingplatz für unseren Trip im September reserviert. Das war schon ziemlich spät, da diese Plätze limitiert und manchmal auf Jahre im Voraus ausgebucht sind und so haben wir den Platz Nr. 10 erhalten, eigentlich ein Reserveplatz, der am weitesten weg von den Toiletten und Duschen liegt. Wir werden gebeten, in der Nacht ein Feuer zu entzünden, der Sicherheit wegen. Außerdem bittet man uns, mit dem Auto zu den Toiletten zu fahren, da der Weg zu weit ist, um ihn sicher zu Fuß laufen zu können, vor allem in der Nacht. Auf unseren Fahrzeugen ist je ein Dachzelt befestigt und die Autos können nach dem Aufbau der Dachzelte nicht bewegt werden. Da Anja in einem Bodenzelt übernachtet, bietet sie an, dass wir mit ihrem Auto zur Toilette fahren können. Das stellt sich als sinnvoll heraus, denn später in der Nacht, während meine Tochter und ich im Waschhaus waren und Anja im Auto auf uns wartete, lief ein Nilpferd keinen Meter entfernt um das Auto herum! Als wir, nach unserer Ankunft, das Camp errichten, ziehen mehrere Elefanten ganz nah an uns vorbei und fressen, in nur zehn oder zwanzig Meter Entfernung von uns und wirken sehr friedlich. Es sind magische Momente, während die Sonne sich senkt. Das Moremi Game Reserve ist das älteste geschützte Gebiet Botswanas und es wirkt, als ob die Elefanten wissen, dass sie hier sicher sind.
Wir sitzen am Abend bis spät ums Lagerfeuer. Jemand hat uns den Tipp gegeben, leere 5 Liter Wasserkanister aus Plastik (die haben wir in größeren Mengen dabei) aufzuschneiden und das Unterteil nachts mit in die Zelte zu nehmen, damit wir für den Fall, dass Löwen sich entschließen sollten, vor dem Zelt herumzulungern, ein Gefäß zum Pinkeln mit dabei haben. Ein Kollege von uns wurde beim Campen in der Kalahari eines Morgens von Löwen belagert, die mit seiner Ausrüstung gespielt und seine Klappstühle zerkaut haben, während er oben im Dachzelt saß. In so einem Fall soll der Pinkelkanister sehr praktisch sein. Am Lagerfeuer entspinnt eine Diskussion, ob das Feuer die Tiere wirklich fernhält oder nicht? Es gibt auch Leute die sagen, dass im Winter, wenn es wirklich bitterkalt in der Kalahari wird, die Löwen zum Feuer kommen, um sich zu wärmen. Mein persönlicher Eindruck ist, dass normalerweise das Feuer die Tiere fernhält und je weiter es in der Nacht herunterbrennt, desto näher trauen sie sich heran. Gegen Mitternacht sind mein Mann, ich und unsere Tochter schon im Zelt, nur Fabian und Anja können sich noch nicht losreißen. Sie flüstern und die Hyänen kommen immer näher (darüber flüstern sie). Ich kann nicht einschlafen! Erst nachdem sich die beiden erbarmen, in ihre Zelte gehen und die Reißverschlüsse hörbar geschlossen werden, kann auch ich schlafen. Es ist wichtig, die Reißverschlüsse komplett zu schließen, der Sicherheit wegen.
Ausflug nach Mboma Island
Am nächsten Morgen lassen wir es erstmal ruhig angehen und sitzen, während es langsam warm wird, auf unserem Platz und frühstücken. Plötzlich Unruhe! Es spricht sich auf den Campingplätzen herum: Jemand hat Löwen gesichtet, direkt vor dem Camp! Das wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen! Da es zu aufwendig ist, zwei Dachzelte zusammen zu räumen, packen wir nur eins zusammen, räumen unsere Sachen eher hektisch zur Seite und verteilen uns auf zwei Autos. Bis wir dort, wo sich die Löwen aufgehalten haben sollen, eintreffen, ist schon nichts mehr von ihnen zu sehen…. Was nun? Wir beschließen, einen Abstecher nach Mboma Island zu unternehmen, dort gibt es laut Karte eine Bootsanlegestelle und vielleicht können wir dort eine Rundfahrt buchen? Rechts und links der Wege erstrecken sich Riedgräser, soweit man blicken kann. Unterwegs gibt es eine Wasserdurchfahrt zu überqueren, die wir alle wieder sicher meistern. Tiere lassen sich nicht blicken. Die Bootstour ist uns zu teuer, also drehen wir wieder um. Bei der Rückfahrt passiert es. Der Hilux ist schon durch das Wasser und nun folgt Anja mit dem Grashopper. Sie ist schon fast durch. Ralf ruft von der anderen Seite „nicht so auf die Böschung“, Anja versteht „auf die Böschung“ und zieht weiter rüber. Das war die falsche Entscheidung! Sie steckt fest, es geht nicht vor und nicht zurück. Sie lässt den Motor laufen, damit kein Wasser eindringt und steigt aus dem Auto. Mist! Wir haben keine Abschleppseile dabei! Weil wir so schnell in die Autos gesprungen sind, wegen der Löwen, haben wir nicht ordentlich gepackt. Zum Glück war genügend Trinkwasser in Anja´s Auto und auch langärmlige Kleidung für alle – gegen den Sonnenbrand. Es finden sich ein paar Packseile, die dafür gedacht sind, Feuerholz oder Gepäck aufs Dach zu zurren. Wir knoten alle Packseile zusammen zwischen den beiden Autos fest und Ralf versucht den Grashopper mit den Packseilen aus dem Schlamm zu ziehen. Sie reißen allesamt augenblicklich. Was nun? Wir beschließen, dass Ralf mit dem Hilux Hilfe holen soll. Alle anderen bleiben bei Anja. Nachdem er gefahren ist, fällt uns auf: Was machen wir eigentlich, wenn sich Wildtiere blicken lassen sollten? Theoretisch wäre das ja möglich. Also verfrachten wir erst mal unsere Jüngste in den Grashopper, mit der Aufgabenstellung, das Gaspedal zu betätigen. Veronica Roodt schreibt in ihrem Reiseführer „Travel and Field Guide of Botswana“, dass die Strecke von Third Bridge nach Mboma Island sandig und schwierig zu fahren sei, aber was Tierbeobachtungen angeht, oft nicht so ergiebig sei. Zu unserem Glück soll sie mit dieser Einschätzung auch an diesem Tag recht behalten. In den nächsten 2 Stunden, während wir dort sitzen, lassen sich keine Tiere blicken. Über uns brummen regelmäßig die kleinen Maschinen, in denen die Touristen über das Delta geflogen werden und Fabian schreibt mit einem Stock „HELP“ in den Sand, was bei uns allen erst mal für einen ordentlichen Lacher sorgt. Zwischenzeitlich ist eine Gruppe deutscher Selbstfahrer bei uns eingetroffen, die nicht weiter fahren können, da wir die Durchfahrt ja blockieren. Und dann kommt Ralf mit den Südafrikanern Shona und Miguel in ihrem Land Cruiser zurück!
Die Rettung
Der offizielle Rettungsdienst von Third Bridge ist anderweitig beschäftigt und die beiden haben sich bereit erklärt, uns zu helfen! Miguel befestigt ein Abschleppseil am Grashopper, zwei Männer der deutschen Gruppe erklären sich bereit zu helfen, Shona, Ralf, Fabian und ich schieben. Als Anja und Miguel Gas geben, schieben wir zusätzlich zu sechst und dann ist der Grashopper draußen! Wir stehen noch eine Weile zusammen. Shona besitzt mehrere Curves Fitnesscenter in Botswana und Südafrika. Zum Dank werde ich später Mitglied in ihrem Studio in Gaborone. Ich war sowieso auf der Suche nach einem Studio und jetzt ist der Fall natürlich klar! Fabian und Tujeni haben entdeckt, dass lauter Nummernschilder in dem Wasserloch liegen, die sie jetzt herausfischen, darunter auch die Nummernschilder unserer beiden Retter und das von Anja, welche alle früher am Tag beim Durchfahren der Pfütze verloren hatten! Es ist Nachmittag, als wir wieder in Third Bridge ankommen. Anja ist traurig um ihren „Grashopper“, denn er zieht jetzt einfach nicht mehr. Zumindest bekommen wir am Nachmittag noch die beiden Löwen in Campnähe zu sehen. Abends, am Feuer, beraten wir, wie es weitergehen soll. Für die nächste Nacht hatten wir noch eine Buchung im Ihaha Camp, im Chobe Nationalpark. Es ist aber ein sehr weiter Weg bis dorthin. Wir können uns jetzt besser vorstellen, wie lange die Fahrt im Sand dauern würde. In der Nacht hören wir die Löwen ganz in der Nähe brüllen. Das ist sehr beeindruckend. Am Morgen beschließen wir endgültig, nicht weiter zu fahren und die letzte Nacht verfallen zu lassen. Das Risiko, die lange Strecke mit einem angeschlagenen Auto zu fahren, ist uns einfach zu groß. Während des Frühstücks grasen wieder Elefanten um uns herum. Zum Abschied fahren wir noch einmal zur Third Bridge, die hinter dem Campingplatz liegt. Diesmal sind wir nicht drüber gefahren, aber zumindest schauen wollen wir mal. Ein bisschen traurig bin ich, als wir in Richtung Maun zurückfahren. Ihaha und den Chobe National Park hätte ich doch gerne gesehen. Wir kommen wieder! Wir verbringen noch eine Nacht in Maun und eine Nacht im sehr gemütlichen Planet Baobab und verarbeiten die letzten Tage, bevor wir nach Gaborone zurückkehren. Die Stadt kommt uns sehr groß vor bei unserer Rückkehr.